03.08.2011

Leserbrief zu „Ach, Europa“ in der FASZ vom 24. Juli 2011 „Kleinstaaterei führt zum Untergang“

In der Logik und der selektiven Betrachtungsweise Rainer Hanks müsste man den Deutschen Zollverein und vor allem die Deutsche Einheit, die zu dem zentralistischen BGB sowie zu einheitlicher Wirtschaftsgesetzgebung und – wie schrecklich – sozialen Sicherungssystemen führte, als die größten Sündenfälle des 19. Jahrhunderts bezeichnen.

Aber richtig ist doch, dass Deutschland, das nicht als Nation, sondern als Nationalstaat zu spät kam, wegen der mangelnden Einheit erst später als das imperiale Großbritannien die Rahmenbedingungen für wirtschaftliche und wissenschaftliche (z.B. heutige Max-Planck-Gesellschaften) Entwicklung bereit stellte.

Erst dadurch hatte Deutschland die Kraft zum Wettbewerb im damals die Welt dominierenden Europa.

Bei den sich dramatisch verschiebenden wirtschaftlichen und politischen Gewichten in unserer globalen Dorf haben die acht Prozent Weltbevölkerung, die die EU ausmacht mit knapp 30 Prozent am Welt-BIP, entsprechend nur gemeinsam eine Chance. Oder welche Fragen der Handels-, Energie-, Klimapolitik, internationaler Standards, der organisierten Kriminalität, der Migration etc. kann ein europäischer Staat allein lösen, von Außenpolitik ganz zu schweigen.

Der EU-Binnenmarkt und die Währungsunion mit der Beseitigung der nicht-tarifären Handelshemmnisse und der Währungssicherheit haben der Wirtschaft einen starken Heimatmarkt, der auch Startrampe für den globalen Wettbewerb ist, gebracht. Das kann auch nicht statistisch kleingeredet werden.

Eine deutsche Transferunion, die mit ihrem Automatismus eine Ausbeutung der zahlenden Bundesländer ist, will die EU nicht.

Bei der Strukturpolitik und auch bei der Absicherung Griechenlands gibt es diesen Automatismus bewusst nicht.

Bei weniger als einem Prozent Anteil des EU-Budgets am BIP kann schwerlich von Machtpolitik gesprochen werden.

Diese Politik hat bei allen immer bestehenden Unterschieden über die Entmachtung des Nationalstaats (Montanunion) und die Interessenverknüpfung zu einem Europa des Friedens, das z.B. in Krisen wie auf dem Finanzsektor sich als ungeheuer handlungsfähig erweisen hat, geführt.

Ja, Fehler werden auf allen Ebenen der Politik gemacht. Das Subsidiaritätsprinzip und das Motto „Einheit in Vielfalt“ müssen gelten. Aber wir sollten nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Das Griechenland, von dem wir schwärmen, ist vor mehr als 2000 Jahren wegen seiner Kleinstaaterei untergegangen.

von Elmar Brok, MdEP
Mitglied des CDU-Bundesvorstandes