16.04.2015

Gestern verabschiedete das Europäische Parlament mit einer großen Mehrheit die Resolution zum 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern. Elmar Brok hielt dazu eine Rede im Plenum.

Elmar Brok, im Namen der PPE-Fraktion.  Herr Präsident, Frau Präsidentin, Frau Vizepräsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Das 20. Jahrhundert ist geprägt durch Massenmorde — Massenmorde aus ethnischen, ideologischen, religiösen Gründen, durch und auf der Flucht und bei vielen anderen Dingen. Besonders hat sich daran mein eigenes Land mit den Massenmorden an Juden, an Sinti und Roma und anderen beteiligt, und wir nennen das zu Recht Völkermord. Wir empfinden eine moralische Verantwortung dafür, und ich bin heute noch dankbar, dass der israelische Ministerpräsident Ben-Gurion uns das Zeichen gab und sich 14 Jahre nach diesen millionenfachen Morden mit dem deutschen Bundeskanzler Adenauer in New York getroffen hat.

Aber auch die bolschewistischen Regime haben viele Menschen umgebracht. Das soll nicht relativieren. Jede Tat ist für sich selbst genommen grausam und unverantwortlich. Man kann nicht durch Aufzählen von Taten relativieren. Aber auch die stalinistischen, bolschewistischen Diktaturen haben ihre Verbrechen begangen.

Ein solcher Völkermord war auch die Tat an Armeniern, den Hunderttausenden von Menschen, die im Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg unter dem Osmanischen Reich zu Tode gebracht wurden. Ich möchte dabei auch nicht die Pontos-Griechen und die Aramäer vergessen. Ich glaube, dass wir uns zur hundertsten Wiederkehr dieses Tages deutlich machen müssen, dass dies nie wieder akzeptiert werden darf und dass es zur Identität von Menschen gehört, dass man die Morde an ihren Vorgängern auch als Völkermord bezeichnen darf.

Die Erklärung von Präsident Erdogan unter anderem, dass er sich für solche Taten entschuldigt hat, sollte der Weg sein, dass sich auch die Türkei zu diesem Völkermord in ihrer Geschichte, nämlich unter dem Osmanischen Reich, bekennt.

Ich glaube, dass wir aus diesem Grund mit der Konvention der Vereinten Nationen von 1948 deutliche Zeichen setzen sollen, dass wir nicht nur im Nachhinein verurteilen, sondern unsere Verantwortung dafür übernehmen, dass es nie wieder geschieht. In Ruanda und anderen Ländern hat die internationale Gemeinschaft in solchen Fällen versagt. Deswegen ist das ein geeigneter Augenblick, dafür Sorge zu tragen, dass wir immer Verantwortung übernehmen, wenn Völkermord droht. Aus welchen Gründen auch immer: Es gibt niemals ein Alibi oder eine Begründung für Völkermord, gleichgültig, wie die jeweiligen politischen Verhältnisse sein mögen.

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